Mittwoch, 22. September 2010

Nur Fliegen kann schoener sein...

Zwei Wochen Aethiopien waren schnell vorbei, auch wenn ich nicht annaehernd genug geschrieben habe, um dieses vielfaeltige Land auch nur zu skizzieren. Von Addis Ababa standen uns spannende Tage bevor, in denen wir den Weg suedwaerts nach Kenya und Tansania antreten wollten. Laut Reisebuch sollte diese Strecke von 1588km rund vier bis fuenf Tage dauern. Obwohl wir uns dieses Trips bewusst waren (waren wir das wirklich?), entsprang einen Tag vor geplanter Abfahrt bei allen der Wunsch nach Fliegen. Irgendwie darunter kommen, aber nicht im Bus und das auch noch fuenf Tage... Nach Checken saemtlicher Fluganbieter, Hotlines und Reisebueros war das unschlagbar guenstigste Angebot fuer Addis - Nairobi one way: 350 US-Dollar. Schweren Herzens und natuerlich der Umwelt zuliebe, wenn schon nicht unseren Knochen, kauften wir also ein Busticket nach Moyale, einer Stadt, die von internationalen Grenzen geteilt in zwei Staaten zugleich liegt: Aethiopien und Kenya.
Die zwei Tage die es brauchte, um in Moyale anzukommen, waren zwar lang, dafuer aber entschaedigten die Musiklautstaerken, die ein Flugzeug im Landeanflug wie sanftes Vogelzwitschern erscheinen lassen. Halb taub (natuerlich heisst es gehoerlos, doch nicht nur unsere Ohren waren 'taub' sondern auch unsre Glieder) trotteten wir ueber die Grenze nach Kenya. Nach einem letzten Male Njera essen warteten nun Ugali und Co. - Ostafrika endlich.

Tatsaechlich sprechen die Menschen im kenyanischen Teil Moyales vielfach Kiswahili, wenngleich nicht stets gleich souveraen. Ein gutes Gefuehl wieder die lokale Sprache zu sprechen, Missverstaendnisse in der Kommunikation ausschliessen zu koennen und nicht stets von potentiellen Dolmetschern umringt zu sein ('Dolmetscher' bewusst nicht gegendert, denn es sind immer Maenner, die nerven).
Zudem hatten wir doppelt Glueck, am naechsten Tag faehrt ein Bus von Moyale nach Nairobi. Busse naemlich fahren nicht taeglich und dass sie bis Nairobi durchfahren war uns neu, aber umso besser, denn das heisst einen Zwischenstopp weniger.
Am naechsten Morgen teilen uns die Lautsprecher erneut in schon erwaehnter lautstaerke mit, dass Gott gross ist und tatsaechlich habe ich recht wenig Beinfreiheit im Fahrzeug. Nach einer Stunde Lob'gesang' auf Allah hat der Fahrer Erbarmen (auch das ist ein Aspekt der meisten Religionen) und dreht die Lautstaeke auf ein ertraegliches Niveau. Passgenau zur spirituellen Musik folgt nun Rapmusik, deren Lyrics Frauen dazu auffordern sich am Boden zu raekeln und diverse Koerperteile zu schuetteln. Ich frage mich ob die ueberwiegend verhuellten Muslima im Bus wohl den englischen Text verstehen.
Die ersten 12 Stunden der Fahrt sind ereignisarm. Die Strasse ist soweit nicht geteert und zwingt alle Insassen zu schuetteln was das Zeug haelt. Die Landschaft Nordkenyas ist schlicht und endlos. Blick bis zum Horizont, alle paar Stunden ein Baum, ansonsten nichts als Vulkangestein und Staub. Durchbrochen wird sie immer wieder von Roadblocks, besetzt mit Soldaten. Paesse werden kontrolliert, geschmiert wird heute nicht. Ein Filmteam ist mit an Bord. Sie drehen eine Dokumentation ueber die Sicherheit auf der Strecke. Sicherheit ist hiet mehrdeutig beladen. Wie andernorts auch sind hier viele Fahrzeuge nicht ausreichend gewartet, die Fahrer (auch das sind immer nur Maenner) uebermuedet, denn sie fahren die gesamte Strecke und natuerlich die Strasse in keinem guten Zustand. Hinzu kommt die (Un-)Sicherheit was Ueberfaelle betrifft. Ueber Jahre hinweg wurden Busse das Ziel bewaffneter Ueberfaelle. Die Shifta (Banditen) kommen in der Mehrzahl aus Aethiopien, erklaert uns die Frau vom Filmteam. Dort sind sie geflohen vor der Regierung, die sie lange Jahre bekaempft haben. Sie kaempften fuer die Oromo Liberation Front (OLF) eine Gruppe die die Unabhaengigkeit Oromos von Aethiopien fordert. Die Oromo, zwar lange Zeit in Aethiopien unterrepraesentiert, stellen dort den groessten Bevoelkerungsanteil vor den Amhara, deren Sprache bis vor 20 Jahren Nationalsprache war und die in Politik und Wirtschaft dominieren.
Heute haben die ehemaligen Kaempfer_innen der OLF begonnen mit den Menschen Nordkenyas Frieden zu schliessen. Ueberfaelle sind seltener geworden, wenngleich sie sich noch immer wenn noetig aus ihren Verstecken herauswagen und Busse anhalten. Heute jedoch bitten sie im Gegensatz zu frueher um Geld und Nahrungsmittel, anstatt den gesamten Businhalt einzusacken. Ratsam ist es allerdings nach wie vor, etwas zu geben, sonst koennte doch das 'Bitten' etwas energischer werden. Waehrend das Filmteam geradezu hoffte eine Begegnung mit den Shifta, erleben zu koennen, waren wir nicht ungluecklich darueber, dass die Shifta auf einen Besuch am Tag unserer Reise verzichteten.

Uebrigens auch mit uns im Bus unterwegs war Mister Abdi, islamischer Fuehrer von gesamt Nordkenya. Mister Abdi war auf der Reise nach Nairobi, wo er andere Fuehrer trifft, mit denen er eine Konferenz im Sudan zu weiblicher Genitalverstuemmelung besucht (female genitale mutilation, kurz FGM). Dort werden, so Mister Abdi, Stragegien entworfen, wie FGM mithilfe von Autoritaetspersonen, wie ihm, auf kommunaler Ebene bekaempft werden kann. Eine sehr interessante Begegnung und ein guter Ansatz, religioese Fuehrer im positiven einzuspannen. Zum Abschied wiederum schuettelte Mister Abdi nur mir die Hand, Elena, Walburga und Anna-Lena bat er um Verzeihung, sie nicht in dieser Form zu verabschieden, denn die Relgigion verbiete es ihm Frauen zu beruehren (ausser seiner Ehefrau und seinen Schwestern). Insgesamt eine kuriose Beziehung zur Frau. Die letzten 12 Stunden Fahrt uebrigens waren Asphalt, selten habe ich schnoeden Beton so gewuerdigt.

Samstag, 18. September 2010

Knueppel und Kaffee in Lalibella

Die dritte Station unserer Reise, Lalibella, ist einer jener Orte, den alle Touristen und Reisende in Aethiopien aufsuchen. Vor 800 Jahren liess der damalige Koenig, Lalibella, Kirchen in den Fels hauen, um ein neues Jerusalem in Afrika zu erbauen. Die Kirchen sind allesamt aus einem einzigen Fels gehauen, bis zu 15m hoch und 30 m lang und auf der Welt einzigartig. Heute noch immer in Gebrauch sind sie nicht blosse Schauobjekte, sondern Teil des alltaeglichen Lebens.
Das Besondere an Lallibella neben diesen Wunderwerken, war fuer mich das Verhalten der Menschen. Es war der erste Ort an dem ich nicht nach Geld gefragt oder sonstwie belaestigt wurde. Ganz im Gegenteil die Menschen waren offen und neugierig, nicht jedoch aufdringlich wie an vielen anderen Orten. Am zweiten Tag sassen wir am Strassenrand auf einer kleinen Mauer und beobachteten das Treiben. Schon bald gesellten sich eine Menge Kinder und ein paar Erwachsene zu uns. Nach einer Weile Plauschen, rannten alle ohne Vorwarnung weg von uns und zerstreuten sich. Ein Polizeiauto war der Ausloeser, dass die Strasse entlangkam. Als es um die Ecke war, kehrten allmaehlich die Leute zu unserer Mauer zurueck. Marego, einer der Maenner, erklaerte mir in holprigem Englisch, dass der Bevoelkerung der Kontakt zu Touristen verboten ist, und bei Zuweiderhandlung Stockhiebe seitens der Polizei drohen. Lediglich offiziellen und lizensierten Guides ist demnach der Kontakt zu Weissen erlaubt. Geschockt und empoert von der Regelung ziehen wir weiter, ein wenig fernab der Strasse. Dort steht ein Kicker von Planen umgeben, die einen guten SIchtschutz bieten. Wir spielen einige runden gegen staendig wechselnde Gegner_innen, alle meochten uns und sich gegenseitig herausfordern. Eine halbe Stunde spaeter, sind wir schon zu Kaffee im Haus der Familie eines der Jungen, die schon an der Mauer vor der Polizei gefluechtet sind. Auf am Lehmboden liegenden Holzstaemmen quetschen sich rund 20 Menschen in das kleine Haus, die Tochter bereitet einen Kaffee nach dem anderen zu. Drei Tassen muessen wir Trinken, so will es der Brauch, jede hat einen eigenen Namen, nur den Dritten weiss ich noch: Baraka - arabisch fuer Segen.
Derweil erzaehlt uns einer der Maenner, die recht gutes Englisch sprechen die Politik der Behoerden. Ihmnach stellt das Kontaktverbot zu Touristen einen Schutz dar. Kinder die Geld bekommen von den Touristen, werden dies auch in Zukunft versuchen und sich als kleine Guides versuchen, statt in die Schule zu gehen. In vielen touristischen Orten ist dies tatsaechlich ein Problem. Auch erwachsene Menschen koennten Geld erbetteln anstatt ihrer sontigen Geschaefte nachzugehen, sobald das Erbetteln wirtschaftlicher ist, was schon schnell der Fall sein kann.

Interessant ist dieser Gedanken durchaus, denn Menschen besonders in laendlichen Orten, muesen Wege finden mit dem Tourismus umzugehen. Soll ein Kontaktverbot also ein geeignetes Mittel dazu sein? Vorstellen kann ich es mir nicht, zumal Zwang nie ein geeignetes Mittel sein kann. Eines jedoch waere ohne diese Politik nicht zustande gekommen: Ein Kickerturnier und eine grosse Runde kaffeedurstiger Menschen, die sich vorher zum Tei nicht kannten. An anderem Ort, waeren wir wohl nur kurz auf der Mauer verweilt, denn schon bald waeren wir anstatt interessanter Gespraechspartner_innen, blosse Moeglichkeiten des Gelderwerbs gewesen. Jedes Mal jedoch wo ich die Polizei sah, schauderte es mich, Knueppel gegen Menschen, die Kontakt suchen...nein danke.

Sonntag, 12. September 2010

Wie war das gleich - Geschichtsloses Afrika?

Wir schreiben den 3. September des Jahres 2003. Gestern war Neujahr in Aethiopien, ich wuensche Melkom Addis Amad. Anderer Kalender, eigene Schrift und einen Haufen verschiedenste Sprachen, Aethiopien tickt nach eigener Uhr. Als eines der beiden afrikanischen Laender, dass sich der Kolonisierung entzogen hat - das zweite ist Liberia - ist Aethiopien in vielerlei Hinsicht einzigartig. Sechs Jahre dauerte die Besatzung durch den italienischen Faschismus, bis Kaiser Menelik und die RAF from England, die Faschos hinfort bombten. Und was sind schon sechs Jahre von 2000, die Aethiopien regiert wurde von verschiedensten Kaisern, zuletzt Haile Selassie, der vor seiner Thronbesteigung noch Ras Tafari hiess, und von eben den Rastafaris noch heute verehrt wird. Warum eigentlich? Als er aus dem Flugzeug stieg in Kingston, Jamaika, begann es zu regnen, nach jahrelanger Duerre. In Athiopien ist das Verhaeltnis der Menschen etwas zwiegespaltener zum alten Kaiser. In den 70ern wurde Haile Selassie abgesetzt, Aethiopien wurde zum ersten Male Republik. Es folgten jedoch Jahre des Terrors unter dem kommunistischen Regime Mengistus. Heute ist Aethiopien offizielle Mehrparteiendemokratie und tickt noch immer nach seinen eigenen Regeln. Der Staat ist foederal aufgebaut. Jede Provinz hat das Recht sich fuer unabhaengig zu erklaeren, wenn die jeweilige Bevoelkerung dafuer stimmt. Bereits einmal ist dies geschehen, im Falle Eritrea, dass historich ein Teil Aethiopiens, lange aber italienische Kolonie war. Nach der Unabhaengigkeit von Italien wurde es Aethiopien erneut eingegliedert, gegen den Willen der Bevoelkerungsmehrheit. Rund 30 Jahre dauerte allein der bewaffnete Kampf um Souveraenitaet. Erst unter Menes Zelawi, Aethiopiens heutigem Praesidenten durfte Eritrea sich lossagen vom grossen Bruder/grosse Schwester. Diesmal jedoch bewies Aethiopien, dass die neue Verfassung mehr als hohle Floskeln waren. Ironischerweise schwelt seit einigen Jahren ein weiterer Sezessionskonflikt: Im Osten des Landes, der Wuestenregion Ogaden, kaempfen Gruppen fuer die Unabhaengigkeit der Region, die fast ausschlieslich von Somali bewohnt ist. Hier wird das Bestreben von Aethiopiens Armee mit Gewalt unterdrueckt.

Doch zurueck zur Geschichte - oder zumindest einzelnen Aspekten. Den Eintrag haette ich auch "Did you know?" nennen koennen. So, did you know, dass eine Minderheit Aethiopier_innen juedischen Glaubens sind? Falasha heisst die Bevoelkerungsgruppe und lebt heute zum Grossteil in Israel, in das sie 1991 eingeflogen wurden, um jahrhundertelanger Diskriminierung zu entgehen. Auch die Kaiser Dynastien, bis hin zu Haile Selassie, beriefen ihr Dasein auf Koenig Salomon, von dem sie nach eigener Darstellung abstammten. Zweifelsohne, hegte das Land schon vor dem Jahr 0 Handelsbeziehungen zum alten Griechenland, Aegypten und eben Israel. Auch der Ark of Covenant, eine der wertvollsten juedischen Reliqiuen, befindet sich bis heute in Aethiopien. Der Grossteil der Bevoelkerung ist hingegen christlich-orthodox. Viele Frauen haben Kreuze in ihre Gesichter taetowiert, Priester laufen durch die Strassen und Menschen kuessen das Kreuz, dass die Priester mit sich tragen. Doch es gibt sie auch, die atheistische Gemeinschaft im Norden des Landes. Antirassistisch und antisexistisch organisiert, leben Menschen dort gleichberechtigt zusammen. Rund 1000 Personen umfasst die Gemeinschaft, schon mehrfach hat das aethiopische Fernsehen ueber sie berichtet, immerhin.

Ein weiteres interessantes Detail, dass kaum jemand weiss: Haile Selassie war der erste Regierungsvertreter, der Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg besuchte. Resultat der Reise: Aethiopien zahlte Entwicklungshilfe an die BRD. Vorallem Decken und Nahrungsmittel wurden nach Deutschland gebracht. Heute ist es andersrum, viele Universitaeten des Landes wurden von der GtZ erbaut und ausgestattet.

Und dann gibt es noch den IWF, den Internationalen Waehrungsfond, jene neoliberale Institution, die schon so viele gute Ansaetze von sogenannten Entwicklungslaendern zunichte gemacht hat. In Aethiopien forderte sie das Uebliche: Oeffnung der Maerkte und des Finanzwesens, Stopp der Ausgaben fuer Projekte der Armutsbekaempfung und einen rigosen Sparkurs. Menes Zelawi aber empfand diesen Unsinn, neben dem Aspekt, dass er Unsinn ist, als erneute Kolonisierung und trat in Konflikt mit dem IWF. Folglich wurden Aethiopien keine Kredite mehr genehmigt, bis sogar der IWF einsehen musste, das der Regierungskurs doch eigentlich bloss richtig war. Manches laeuft hier eben nicht so schlecht wie Mensch in Europa so denken mag. Was bisher so geschah, erzaehle ich bald, nun aber wartet ein Machiatto auf mich, zumindest etwas Gutes haben die Faschisten hier hinterlassen. Ciao!

Donnerstag, 1. April 2010

Palestine - Life under Occupation





















Letztendlich, nach vier Wochen, sind wir am Höhepunkt unserer Reise angekommen, Palästina wartet. Palästina, das Land, das keines ist, im Schwebezustand seit jeher, so scheint es. Kolonialgeschichte unter englischer Besetzung wurde Palästina mit steigenden Spannungen von England an die UNO übergeben. Nach dem deutschen Holocaust an Juden und Jüdinnen und mit Ende des zweiten Weltkrieges erkoren die noch jungen Vereinten Nationen und die jüdisch-zionistischen Aktivist_innen Palästina zum Ort einer jüdischen Staatsgründung. Schon seit der Jahrhundertwende vom 19. ins 20. Jahrhundert emigrierten in beständig steigender Zahl jüdische Menschen aus aller Welt nach Palästina. Seit der Vertreibung des jüdischen Volkes vor nunmehr 2000 Jahren aus dem Römischen Reich, sehen Juden und Jüdinnen diese alte Heimat als ihre eigentliche. Mit dem Beginn der zionistischen Bewegung, die die Gründung eines jüdischen Staates zum Ziel setzte, begannen Anhänger_innen Land in Palästina zu erweben und dorthin zu emigrieren.
Schon bald kam es zu ersten Spannungen zwischen den jüdischen Siedler_innen und den bereits dort lebenden Palästinser_innen.

Zeitsprung

1948 gründete sich der Staat Israel, Krieg brach aus, die vereinten arabischen Armeen zogen gegen die junge Republik ins Land, Israel aber blieb. Über Jahre und Jahre wiederholte sich dieses Schauspiel in ähnlichen Abläufen mit dem immer gleichen Resultat: Israel blieb stets siegreich und besetzte nach und nach immer mehr fremdes Territorium.
Während des Sechs-Tage-Krieges von 1967 verdreichfachte Israel sein Territorium. Die Golanhöhen eine Region in Syrien sind seither unter israelischer Besatzung, aber auch die palästinensischen Gebiete: das Westjordanland und der Gazastreifen.

Entgegen internationalem Protest besetzt Israel diese Gebiete bis zum heutigen Tag. Jüdische Siedler und Siedlerinnen sind seitdem tief in die palästinensischen Gebiete gezogen und errichteten festungsgleiche Wohnkomplexe, die unter schwerster militärischer Bewachung stehen.
Insgesamt siedeln mehr als 450.000 Isaelis illegal in Palästina.
Mit dem Beginn der zweiten palästinensischen Intifada und vermehrten Angriffen und Anschlägen in und auf Israel, begann dessen Regierung mit dem Bau einer Mauer, einhal herum um ganz Palästina. Hunderte Kilometer Mauer durchschneiden das Land, tief in palästinsischem Gebiet, Israel somit geschickt vergrößernd.
Die Mauer, die mittlerweile gänzlich fertig ist, ist doppelt so hoch, als es die Berliner Mauer war. Assoziationen liegen nahe. Nur wer über bestimmte Papiere und eine Sondererlaubnis verfügt, darf auf die andere Seite der Mauer, Ost-Jerusalem. Die Kontrollen auf dem Weg dorthin sind zäh und lang, herablassende Soldat_innen bohren Fragen in die Menschen und weisen ab, wer Pech hat, durch das enge Raster zu fallen. Die Kontrollen dauern oft stundenlang. Bei einer der unsrigen Mauerpassagen war nur ein Kontrollschalter geöffnet, ungeachtet der immensen Länge der Schlange. Die wartenden Menschen haben vielfach Arbeit in Jerusalem, können jedoch oftmals nicht rechtzeitig dort erscheinen. Viele haben so ihre Jobs verloren, Zehntausende weitere im Gazastreifen, die ebenso nach Israel zu ihren Arbeitsplätzen pendelten.

Auch im Westjordanland selbst gibt es an allen Verkehrsstraßen, die für palästinensischen Verkehr geöffnet sind, Wachposten und Checkpoints (jüdischer Verkehr hat eigene, besser instandgehaltene Straßen ohne lästige Kontrollen). Alle paar Kilometer kann eine Kontrolle anstehen. Für Fahrten von Ramallah nach Nablus steht im Reiseführer eine ungefähre Dauer von 1-6 Stunden... Die Entfernung beträgt 36,7km.
Das palästinensische Volk lebt in einem großen Gefängnis, allzu oft im direkten Schatten der Mauer. In Bethlehem ist diese überall, kesselt die Stadt geradezu ein. Einzelne Häuser sind gleich von drei Seiten mit der Mauer umgeben, der Abstand zwischen Hauswand und Mauer beträgt nicht mal einen Meter. Home sweet Home.

Die Menschen die wir angetroffen und kennengelernt haben machten meist einen niedergeschlagenen, verzweifelten und hilflosen Eindruck, ein Land in kollektiver Depression.

Während es den Menschen im Westjordanland schlecht geht, ist das Leben im Gazastreifen ein Vielfaches davon. Im Vergleich dazu muss das Westjordanland ein Paradies sein. Der Gazastreifen steht nicht wie von Israel so oft propagiert unter autonomer Kontrolle der Menschen dort. Wahr ist, das Israel vor einigen Jahren die dort lebenden rund 9.000 jüdischen Siedler_innen zum Auszug gezwungen hat. Dennoch hat dies wenig mit Autonomie und Unabhängigkeit zu tun. Die Land-, Luft- und Seegrenzen des Gazastreifens stehen gänzlich unter Kontrolle des israelischen Militärs. Nichts geht dort ein und aus, ohne entsprechende Genehmigung. Als Reisender gibt es keinen Zugang zum Gazastreifen, ebensowenig als Journalist oder UN-Sonderberichterstatter für Palästina.
Seit die Hamas die ersten freien, fairen und regulär abgehaltenen Wahlen 2005 gewann, wurden alle Gelder für die Palästinensische Autonomiebehörde eingefroren. Diese finanziert sich ausschließlich über die Gelder diverser Geberländer. Mehr als ein Drittel dieser Gelder kamen damals von der EU. Heute gibt es keinen Cent. In Gaza sind die Schulen geschlossen, da nach Monaten des Streiks, die Lehrer_innen noch immer keine Gehaltszahlungen erhielten. Wie auch schließlich?! Medikamente sind eine Rarität in Gaza, ebenso wie Lebensmittel. Israels Militär lässt nur wenige LKWs täglich in den Gazastreifen, alle mit humanitären Mitteln, ohne die dort niemand existieren könnte, von Leben ganz zu schweigen.
Auch die Wirtschaft Gazas ist vollständig kollabiert, durften lediglich noch wenige Prozent der dort produzierten Waren ausgeführt, und auf der anderen Seite zur Produktion notwendige Arbeitsmaterialen und -rohstoffe nicht eingeführt werden. Mehr als 100.000 Menschen haben in den letzten Jahren ihre Arbeit in den Fabriken verloren. Die Gesamtbevölkerung Gazas liegt bei 1,5 Millionen.

Noch so vieles gibt es zu schreiben, zu attakieren und zu sagen. Dazu ein Literaturtipp, für Wissbegierige:

'Palestine's Guernica' herausgegeben vom 'Palestine Monitor'
Mehr Infos dazu und zu sonstigen relevanten Themen unter:
http://palestinemonitor.org/spip/

Abschließend ein Kommentar zu den Fotos - Die Bilder zeigen Kunstwerke an verschiedenen Abschnitten der Mauer in Bethlehem, manche der Graffitis sind an zivilen Gebäuden. Das letzte Bild befindet sich im Kontrollhangar der Mauer, auf dem Weg auf die israelische Seite. Shalom.

Jordanien in Bildern

Wenngleich mit etwas Verspätung, so doch aber nun der Nachtrag mit den Bildern zu Jordanien. Einige sind es geworden, ich konnte die Impressionen einfach nicht noch weiter zurechtstutzen als das hiesige Resultat.

Die erste Gruppe von Bildern zeigt Wadi Rum, eine Wüstenregion im Süden Jordaniens, später kommen Bilder der Felsenstadt Petra und die letzten Bilder zeigen einen kleinen Ausschnitt aus Amman, der Hauptstadt. Die Panoramabilder, die drei Fotos zu einem kombinieren sind leider nur recht klein abgebildet, ein Klick darauf lohnt sich.

Ahlan wa salan - Willkommen!






























Donnerstag, 25. März 2010

Clandestino in fuenf Sterne Gesellschaft

Aqaba, Jordanien um sechs Uhr morgens. Die Hafenstadt liegt am gleichnamigen Golf von Aqaba am Roten Meer. Eigentlich sollte in ueber 100m Hoehe die jordanische Flagge gehisst sein, doch der Wind ist zu stark. Ebenjene Flagge ist gewoehnlich von gleich vier Laendern aus zu sehen: Jordanien, Israel, Aegypten und Saudi Arabien. An einem Kuestenstreifen von nur mehr 30km liegen die Grenzen dieser vier Laender. Zwei davon moechten wir an diesem Morgen ueberschreiten, auf unserem Weg nach Aegypten. Mit dem Taxi auf dem Weg zur jordanischen Grenze, stellen wir fest, dass diese erst um sieben Uhr oeffnet. Netter Plausch mit den Grenzern (diese sind uebrigens alle maennlich, ausser in Israel) und irgendwann werden wir schliesslich doch eingelassen. Nach kurzem Prozedere sind wir raus aus Jordanien und stehen, pathetisch ausgedrueckt, an den Toren Israels. Der Ausdruck passt eigentlich ganz gut, zu ergaenzen waeren lediglich diverse selektive und aussondernde Filtermechanismen, wie eine falsche Nationalitaet haben, Visum von arabischen Staaten im Pass oder die "falsche" Religionszugehoerigkeit. Bei jedem Eintreten in israelisches Staatsgebiet fuehle ich mich wie in der Warteschlange zur Disco mit schlecht gelauntem Tuersteher und der absolut "falschen" Kleidung. Auch heute wieder dauert es mehr als eine Stunde. Hunde werden geholt, um unser Gepaeck auf Drogen zu untersuchen, zu viele Fragen gestellt, telefoniert, mit wem auch immer. Wie heisst Ihr Vater? Aha. Wie heisst Ihr Grossvater? Wozu wollt Ihr das eigentlich wissen? Irgendwo da draussen muss es wohl eine globale Datenbank der unsinnigsten Informationen geben, die dort an der Grenze abgeglichen werden. Fehlt bloss noch: Lieblingsfarbe? Wie bitte, letztes mal haben sie noch gelb geantwortet und nun blau?! Terroristische Hoechstgefahr... Laecherlich. Irgendwann dann schliesslich im Hochsicherheitsstaat Israel drin, sind wir alsbald wieder raus, 6km weiter wartet die naechste Grenze, diesmal zu Aegypten. Alsbald liegt eine andere Stimmung in der Luft, die Grenzer hier wirken eher traege und antriebslos.

Aegypten, schliesslich. Noch rund 350km Wegstrecke, hoffentlich schnell genug, und wir werden die Faehre erwischen, die uns heimlich ins fuenf Sterne Resort bringen soll. Am Busbahnhof jedoch, die aeusserst detaillierte Info: Bus 9 o' clock, broken. Next bus 3pm. Na wunderbar. Am Busbahnhof sind einige weitere, fuers erste gestrandete Reisende, manche warten schon seit Stunden. Der Deal mit dem kaputten Bus naemlich, ist nicht selten ein Geschaeft mit den an der Busstation lauernden Minibusfahrern. Diese naemlich bringen uns allzu gerne zu jedweder Destination, aber zum weitaus hoeheren Preis. Hoeherer Profit also wenn bus 9 o' clock broken. Und diesen Profit wiederrum teilt Minibusfahrer mit dem Ticketverkaeufer der ofiiziellen Busgesellschaft und alle sind happy. Rip the fucking tourist off heisst das Motto.

Stunden spaeter und 350 km weiter an der Faehre angelangt, ein aehnliches Schauspiel. Ferry today not working. Bad Weather, rough sea. Zum zweiten Mal gestrandet fuer diesen Tag. Es blieb nichts anderes uebrig als zurueckzufahren, wo wir herkamen. Nicht gerade bis zur Grenze, so doch in ein kleines Backpackingdorf mit guten Tauchspots. Klein war zwar mal vor 20 Jahren, auch hier hat der Tourismus im grossen Stil eingeschlagen, aber dennoch verbringen wir zwei schoene Tage, die Faehre naemlich fuhr noch immer nicht.

Verwoehnt von kurzen Reisewegen in Israel und Jordanien, scheuen wir uns ein wenig vor der langen Busfahrt, die die einzige Alternative zur Faehre darstellt, aber es rufen schliesslich fuenf Sterne. 14 Stunden im Nachtbus mit kaputter Sitzlehne, welch ein Komfort zuruecklehnen, doch gewesen waere ;) und wir sind in El Gouna, Ferienparadies fuer Menschen mit prallerem Geldbeutel als der unsre. Sheraton, Steigenberger und Co. geben sich hier die Klinke in die Haende. Unser Joker, Christa, meine Mutter verbringt gerade hier eine ruhige Woche und hat eingeladen zum Verweilen im geraeumigen Zimmer.
Mit unseren Rucksaecken bepackt, wandern wir also, in frueher Morgenstunde, es war 5 Uhr, an den etlichen Checkpoints und gelangweilten Wachposten vorbei und ernten verwirrte Blicke. Gewoehnlich tarnsportiert Urlauber_in Gepaeck hier nicht im Rucksack und geht noch viel weniger 6km von der Hauptstrasse zum Hotel.

Die Belohnung aber lohnte sich allemal. Ein heimlich bezogenes Zimmer im Steigenberger 5 Star Golf Resort, gleich an der eigenen kleinen Meerwasserlagune und heimlichem Zutritt zum Fruehstuecksbuffet. Und dieses Buffet, olala! Alleine alles nur zu bestaunen was es dort gibt, dauert eine viertel Stunde, welch Gaumenschmaus. So manchem cleveren Mitarbeiter blieb unsere Anwesenheit jedoch nicht unentdeckt, und so zogen wir nach einem doch fuer diese Reise recht ungewoehnlichen Tag, weiter Richtung Luxor, diesmal wieder mit einem halben Stern, inshallah.

Mittwoch, 17. März 2010

Jordanien

The Hashemite Kingdom of Jordan auf Englisch und so oder aenhlich auf arabisch: لإاث أشساثةهفث ،هخىليخة خب ـخقيشى heisst das Koenigreich Jordanien. Ein Land benannt nach dem Jordan Fluss, dessen heutige Gestalt ein Schatten von Fluss, vielmehr nur ein Rinnsaal ist. Jordanien liegt an Israel im Westen grenzend. Im Norden liegt Syrien, im Osten der Irak und Saudi Arabien. Entgegen in arabischen Laendern vorherrschenden Tendenzen hat Jordanien einen umfassenden Friedensvertrag mit Israel unterzeichnet und macht es ein wenig zum buddy of everyone.
Ein Grossteil, genau gesagt 80% des Landes, sind Wueste. In dieser wiederrum leben nur rund 5% der Bevoelkerung. Rund 6 Millionen Menschen bevoelkern Jordanien und machen es zu einem ausgesprochen freundlichen und warmherzigen Flecken Erde. Von Israel kommend sind Mareile und ich gleich zu Beginn in Amman, der Hauptstadt, gelandet. Amman wird selten von Reisenden gepriesen und gilt nicht gerade als die Perle des Orient. Als genau diese entpuppte es sich jedoch fuer mich, ist die Stadt naemlich kein Anzugspunkt fuer Tourist_innen und Touristenfaenger_innen. Einst, wie Rom, auf sieben Huegeln gebaut, sind es heute zwei oder drei mal soviele. Amman ist riesig und ueberall. Mehr als ein Drittel aller Jordanier_innen leben hier. Wenn der Ruf des Muezzin erklingt, schallt es von ueberall zugleich. Hunderte Moscheen tragen den Gesang, der von Huegel zu Huegel reflektiert wird. Das faszinierendste aber sind die Menschen, die uns so offen, und gastfreundlich entgegentraten.

Von Amman aus ging die Reise suedwaerts gen Wueste. Auf dem Weg dorthin liegt eines der neuen sieben Weltwunder, die Felsenstadt Petra. Vor tausenden von Jahren von den Nabataern erbaut, wurde diese enorme Stadt gaenzlich aus dem Fels heraus gehauen. Massive Gebaeude mit Saeulen, Fresken, Skulpturen sind mitten aus dem Berg gehauen und schmiegen sich an diesen an. Neben den Nabataern, haben auch Griechen und Roemer ihre Spuren dort hinterlassen und machen diese historische Stadt einmalig. Vor unserem Besuch noch war ich skeptisch, da Menschen von ueberall her kommen um Petra zu sehen und der Ort somit sehr touristisch ist. Einmal angekommen entschaedigt die Felsenstadt dafuer mehr als genug. Die Wadis, arabisch fuer Taeler, die sich durch die rosa farbenen Felsformationen ziehen, laden zum hiking und klettern ein.

Letzlich nach Petra die Wueste, Wadi Rum. Mit Zelt, Proviant und Schlafsack ausgeruestet wollten wir den Tori-Touren trotzen. Beinarbeit statt Allrad-Jeep und Fuehrung war unser Motto. Letztlich gelandet sind wir noch vor Betreten der eigentlichen Wueste bei einem Bedouien und seiner Familie. Ganz so gastfreundlich war dieser leider nicht und liess sich fuer sein Teilen seines exklusiven Zeltdomizils reichlich entlohnen. Nichtstdestotrotz haben wir den Jeep Touren widerstanden und erkundeten zu dritt (mit neuer Reisebekanntschaft) die Wunder von Wadi Rum. Eine Wueste aus riesigen Felsbergen, hunderte von Metern hoch und ebenso tiefen Taelern und Schluchten. Jede Stunde wechselt die Farbe des Gesteins, je nach Stand der Sonne. Gen Mittag wird diese so erbarmungslos heiss, dass wir stundenlang im Schatten Rast machten bevor das Wandern weitergehen konnte. Grund genug Bekannschaften zu machen, waehrend dieser obligatorischen Rast. Am ersten Wuestentag stoppten wir an einem entlegenen Bedouinenzelt und siehe da, der Bewohner ist ein Norweger, der einen Monat dort verweilt und fuer die Bedouinen Familie Kamelhueter spielt. Spannend solche Momente. Besonders schoen, die Wueste blueht. Abertausende kleiner Blumen, die jeden Tag ihre Koepfe ein wenig hoeher recken. Vor zwei Wochen hatte es das erste mal seit zwei Jahren geregnet, Glueck fuer uns. Bilder gibts als Nachlieferung leider erst in ein paar Tagen, Inshallah!