Samstag, 25. Juli 2009

Zambia - Liebe auf den zweiten Blick









Zambia, das Tor zum suedlichen Afrika empfing mich nach der Reise mit der M.V. Liemba auf ganz eigene Art und Weise. Mpulungu, ein kleiner Hafenort, der einzige des Binnenstaates, vollgestopft mit primaer Nichts. Die Strassen und das Land staubig, kein Markt, das Essen garantiert hoechstens Durchfall, ein Reinfall wie es scheint. Nicht fern, eine halbe Stunde im Minibus liegt die naechstgroessere Stadt, Mbala. Laut Reisebuch angeblich mit 200.000 Menschen gesegnet, bot sich uns ein noch oederer und noch tristloser Eindruck. Vergleichbar mit einer Wild Western Ghosttown, fehlten eigentlich nur die obligatorischen Grasbueschel, die vom Wind getrieben durch das Bild wehen.
Nord Zambia hat uns willkommen geheissen. Ein kleines Juwel jedoch gab es versteckt im Busch, erreichbar nur per Taxi oder Charterboot. Die Kalambo Wasserfaelle des gleichnahmigen Grenzflusses zu Tanzania sind die zweithoechsten Afrikas. Vor einem unbeschreiblichen Panorama stuerzt das Wasser 221m in die Tiefe, eingerahmt von schroffen Felsklippen, die weicheren Hueglen weichen.
Dennoch zog uns die Reise schon sehr bald nach Sueden. Ein 17h Hoellenritt sollte uns der vermeintlichen Zivilisation wieder naeher bringen. Die ganze Nacht ueber vom unertraeglich laut plaerrenden Fernseher wach gehalten, platzten wir im Morgengrauen in Lusaka, der Hauptstadt auf. Lusaka zu beschreiben ist nicht leicht. Nach aussen hin praesentiert sich die Stadt als haessliches Produkt sozialistischer Architektur der 70er und 80er. Vereinzelte hohe Plattenbauten, der hoechste Turm ausgebrannt, wenig Farbe, selbst der vermeintliche Prachtboulevard versprueht keinen Charm. Und doch geizt Lusaka nicht im Geringsten mit Charm. Die Menschen sind offen und freundlich, ein Jeder spricht gutes Englisch, die Frauen sind die weitaus schoensten, die mein bisher gesehenes Afrika zu bieten hat. Die Menschen wirken westlicher, sowohl in Kleidung als auch die Gesichter und das Auftreten. Selbstbewusst und gebildet ist man in Lusaka. Smalltalk ueber globale Themen war in Ostafrika zumeist undenkbar. Hier ploetzlich kennt man Southpark und Facebook, das Ruhrgebiet oder London.
Faehrt man aus Lusakas beschaubarem Zentrum raus findet man gigantische Shopping Malls vollgestopft mit jedem erdenklichem Gut. Afrika wie bisher gewohnt scheint hier zu enden, ein Afro-Europa beginnt.
Das beste aber war bis dato nie gewesen. Ich war als Weisser kein Exot, nicht der Eindringling oder Fremde, kein Mzungu. Zum ersten Mal ohne Ausnahme gleich, einer von Millionen, grandios. Das Gefuehl nach knapp einem Jahr als Exot in Tanzania (wenngleich es viele Weisse gibt..) ist unbeschreiblich.

Weiter von Lusaka machten wir Zwischenstopp in Choma, eingeladen von einer jungen Familie, die uns in Lusaka eingeladen hatte, genossen wir zambische Gastfreundschaft. Mit vollem Bauch und verkatertem Kopf zogen wir alsbald weiter zur letzten Station der Zambia Reise, Livingstone. Heimat der Victoria Falls, der groessten Wasserfaelle nach den Niagara Falls und Magnetpunkt fuer Touristen. Waren wir bisher im ganzen Land meist die einzigen Reisenden, herrschte ploetzlich grosser Trubel. Gute Backpacker Hostels, Shops mit Touri Schrott und ein paar Touts auf den Strassen, ein bunter Misch Masch mit doch viel zu vielen Touristen.
Die Victorie Falls sind einfach ein majestaetisches Wunder und ich aergere mich grade, habe ich meine Fotos im Hotel vergessen. Werden aber so bald als moeglich nachgeliefert!
Ein grosses Angebot an Aktivitaeten bietet der Ort und so kam es das ich Premiere im Ultraleicht Fliegen hatte, Wahnsinn!

Zambia ist ein Ort zum laenger bleiben, aussen rauh und fad, innen voller Waerme und faszinierenden Menschen.

Mittlerweile sitze ich in Harare, Hauptstadt des zerschundenen Zimbabwes, dem ich mich im naechsten Blog widmen werde. Bis dahin...

Montag, 13. Juli 2009

Unterwegs auf deutschen Hinterlassenschaften

Neben den vielen Negativ-Aspekten hat die kurze Zeit kolonialer Besatzung Tansanias durch die Deutschen bis heute auch ein paar gute Dinge hinterlassen. Die beiden Bedeutendsten haben meine Reise fuer rund eine Woche gestaltet. Von Dar es Salaam stieg ich mit Sahand und Paula auf die Central Line Zuglinie, einstmal bekannt unter dem Namen "Deutsch-Ostafrikanische Mittellandbahn", hin nach Kigoma. Fertiggestellt anno 1914 auf einer Strecke von 1400km, zieht sich die Linie vorbei an kurios anmutenden Bahnhoefen, durch staubtrockene Savannen sowie durch viele Doerfchen und Staedte. Ueber zwei Tage ratterten wir also in den altersschwachen Waggons mit gemaechlichen 40km/h durch die Landschaft, plauderten mit Soldaten und Reisenden aus ganz Ostafrika, unter anderem aus dem Kongo und Burundi. Immer wieder stoppte der Zug fuer afrikanische fuenf Minuten, was den Fahrgaesten Gelegenheit gibt, Handel zu treiben. Und dieser blueht bunt, stellt der Zug fuer etliche Doerfer den eigentlichen Marktplatz und Absatzmarkt dar. So wechslen Eimer voller Honig, Saecke mit Reis und Bohnen, Zuckerrohrstangen, geflochtene Koerbe oder gleich ein ganze Wohnzimmergarnitur den Besitzer. Unsere Mitreisenden aus dem krisengeplagten Kongo deckten sich mit allem erdenklichen Gut ein, ein kleiner Fingerzeig nur auf die Situation ueber der Grenze.
40 Fahrstunden weiter und einen Rucksack weniger im Besitz erreichten Sahand und ich Kigoma. Paula, der ihr Rucksack aus dem Abteil vom Dach des fahrenden Zuges aus gestohlen wurde, stieg in Tabora aus und schlug den Rueckweg nach Mwanza ein.
Kigoma behergte uns von dort an fuer ein paar Tage, in welchen wir auf unsere Weiterfahrt mit dem naechsten Relikt warteten. Dieses ist ein Schiff deutscher Bauart aus dem Jahre 1915, in Deutschland konstruiert, gebaut und in Teile zerlegt, verschifft und per jenem Zug nach Kigoma gebracht. Dort wurde es auf dem Tanganyikasee zu Wasser gelassen, getauft auf den Namen “ Graf von Goetzen”. Als Handelsschiff mit den Anrainerstaaten gedacht, wurde es aufgrund des Weltkrieges schnell zum Kriegsschiff umfunktioniert und schon bald von den Belgiern versenkt. Dazu muss gesagt werden, dass der Tanganyikasee mit 1400m Tiefe der zweittiefste See der Erde ist und die gute “Graf von Goetzen” nun auf dessen Grund lag. Nach dem Abzug der Deutschen wurde sie geborgen, sank jedoch vor Ankunft im sicheren Hafen noch einmal. Nach zweiter Bergung und leichten Reparaturen dient das Schiff, umgetauft auf M.V. Liemba, seitdem dem Personen- und Frachtverkehr auf dem Tanganyikasee und verbindet Tansania mit dem Kongo, Burundi und Zambia.
Zwanzig Zwischenstopps ueber zwei Tage, in denen kleine Boote, teils motorisiert, teils von Paddeln vorangebracht, an das Schiff andocken, dauert die Fahrt. Fuer diese Boote dient die Liemba, wie schon zuvor der Zug, als Marktplatz zum Warentausch und zugleich als Versorger mit Industrie- und Luxusguetern. Bei jedem Stopp stiegen Menschen ein und aus, alles ueber die kleinen Boote laufend. Im uebrigen mit an Bord waren 10 Soldaten alle mit Kalaschnikov bewaffnet. Der Steuermann verriet mir, dass ein Schwesterschiff der Liemba vor drei Jahren von kongolesischen Soldaten auf Schnellbooten attakiert wurde. Unter deren Beschuss geraten suchte das Schiff sein Glueck in der Flucht und konnte die marodierenden Soldaten mit Glueck abhaengen. Unsere Fahrt war zum Glueck wesentlich ruhiger und entspannt und so bin ich nun in Zambia angekommen. Zu diesem fuer mich neuen Land, schreibe ich dann naechstes Mal.

Donnerstag, 2. Juli 2009

Im Indischen Ozean









Pangani ist ein kleines Swahilidorf suedlich von Tanga, das uns vier Tage mit seinem Charm von Langsamkeit und Ruhe einlullte. Der einzige Verkehr besteht aus Fahrraedern und Dhows - traditionellen Segelbooten. In Zwei geteilt ist das Dorf vom Panganifluss, der hier in den Indischen Ozean muendet. Verbunden sind die beiden Ufer von einer alten, klapprigen Faehre. Von Meeresfruechten, Schnorcheln und Meer verwoehnt entschieden wir uns zur Weiterreise am fuenften Tag. Intensive Diskussionen gingen dieser Entscheidung voraus, Wagemut contra Dummheit. Denn ganz ohne sollte die geplante Ueberfahrt nach Zanzibar nicht werden, zumal sie auf einem Dhow stattfinden sollte. Diese sind groessere, einmastige Nussschalen, die weitgehend noch so sind wie schon bereits vor 1000 Jahren. Am fuenften Morgen also um 4:00h standen wir am Hafen. Das Boot jedoch war weniger gross und vertrauenserweckend als erhofft und auf unsre Frage nach Schwimmwesten gabs nur Schulterzucken von der Crew. Wozu auch? Auf unser Unbehagen ueber eventuell anstehendes Freischwimmen im Indischen Ozean hin, wurden noch rasch welche besorgt, wenngleich im Fall der Faelle auch das nur Kosmetik bedeute.
Aber nun, wir hatten uns entschieden und da mussten wir wohl durch. Von den vorraussichtlich sechs Stunden Fahrtzeit bis Zanzibar sollte der Aussenbordmotor zu Beginn fuer Schwung sorgen, bevor das Segel allein regiert. Dumm nur das kurz nach Ablegen von der Kueste besagter Motor andere Plaene hatte und sich fuers Erste ins Reich der Traeume verabschiedete... Ahoi! Einen Hit von Heino ueber Schiffe, Madagsakar und die Pest an Bord im einen und sich erbrechende Frauen im anderen Ohr, sank die Stimmung schnell. Gegen Sonnenaufgang jedoch erwachte mit dem neuen Tag auch unser werter Motor zu neuem Leben. Neben der Seekrankheit der Frauen, profitierte auch unsere Moral sehr davon.
Nach weiteren Stunden nunmehr friedlichen und entspannten Segelns, wir hatten nun Vertrauen in unser Boot und die humorvolle Crew, geschah das Highlight des Tages. Ein schnoerkelloser Suizid. Der kleinste Passagier des Dhows, ein seekrankes Huhn, hatte sich aus seinem Gefaengnis an Bord befreit. Waehrend die Crew noch diskutierte ob der Passagier einzufangen sei, machte das todesmutige Huhn kurzen Prozess, flatterte mit seinen kuemmerlichen Stummelfluegeln und landete nach imposantem Flug inmitten vom Indischen Ozean. Pech nur, dass das Festland nunmehr 50km zurueck lag. Huhn ueber Bord! Pole sana sagen die Tansaner in dieser Situation. Lediglich die Besitzerin der stolzen Henne war nicht sonderlich amuesiert von der willkommmenen Unterhaltung, so ein Huhn ist gutes Geld wert.
Nach schliesslich sieben Stunden hiess es Land in Sicht. Mit einem Abenteuer mehr im Gepaeck wateten wir zwischen Seeigeln an Zanzibar an Land.
Dort nach eineinhalb Tagen Pause, waren wir schnell muede vom sehr touristischen Treiben und suchten den Rausch der Grossstadt, Dar es Salaam, Hafen des Friedens. Wer dieser Stadt jenen Beinamen gegeben hat, dessen Verstand ruhte wohl auch in Frieden. Dar, von seinen Bewohnern liebevoll Bongo genannt, hat neben stundenlangen Staus und Mamas die auch nachts um vier noch Wali Maharage, Reis mit Bohnen, verkaufen, eher wenig Exotisches zu bieten. Dennoch bot es uns eine gute Basis zur Organisation der weiteren Reise. Diese naemlich geht in zwei Tagen mit dem Zug weiter nach Kigoma 1400km westlich am Tanganyikasee. Der Zug uebrigens stammt noch aus deutscher Kolonialzeit und steuert somit mit seinen kontinuierlichen 25kmh auf die 100 Jahre zu. Mehr dazu in ein paar Tagen.