Donnerstag, 25. März 2010

Clandestino in fuenf Sterne Gesellschaft

Aqaba, Jordanien um sechs Uhr morgens. Die Hafenstadt liegt am gleichnamigen Golf von Aqaba am Roten Meer. Eigentlich sollte in ueber 100m Hoehe die jordanische Flagge gehisst sein, doch der Wind ist zu stark. Ebenjene Flagge ist gewoehnlich von gleich vier Laendern aus zu sehen: Jordanien, Israel, Aegypten und Saudi Arabien. An einem Kuestenstreifen von nur mehr 30km liegen die Grenzen dieser vier Laender. Zwei davon moechten wir an diesem Morgen ueberschreiten, auf unserem Weg nach Aegypten. Mit dem Taxi auf dem Weg zur jordanischen Grenze, stellen wir fest, dass diese erst um sieben Uhr oeffnet. Netter Plausch mit den Grenzern (diese sind uebrigens alle maennlich, ausser in Israel) und irgendwann werden wir schliesslich doch eingelassen. Nach kurzem Prozedere sind wir raus aus Jordanien und stehen, pathetisch ausgedrueckt, an den Toren Israels. Der Ausdruck passt eigentlich ganz gut, zu ergaenzen waeren lediglich diverse selektive und aussondernde Filtermechanismen, wie eine falsche Nationalitaet haben, Visum von arabischen Staaten im Pass oder die "falsche" Religionszugehoerigkeit. Bei jedem Eintreten in israelisches Staatsgebiet fuehle ich mich wie in der Warteschlange zur Disco mit schlecht gelauntem Tuersteher und der absolut "falschen" Kleidung. Auch heute wieder dauert es mehr als eine Stunde. Hunde werden geholt, um unser Gepaeck auf Drogen zu untersuchen, zu viele Fragen gestellt, telefoniert, mit wem auch immer. Wie heisst Ihr Vater? Aha. Wie heisst Ihr Grossvater? Wozu wollt Ihr das eigentlich wissen? Irgendwo da draussen muss es wohl eine globale Datenbank der unsinnigsten Informationen geben, die dort an der Grenze abgeglichen werden. Fehlt bloss noch: Lieblingsfarbe? Wie bitte, letztes mal haben sie noch gelb geantwortet und nun blau?! Terroristische Hoechstgefahr... Laecherlich. Irgendwann dann schliesslich im Hochsicherheitsstaat Israel drin, sind wir alsbald wieder raus, 6km weiter wartet die naechste Grenze, diesmal zu Aegypten. Alsbald liegt eine andere Stimmung in der Luft, die Grenzer hier wirken eher traege und antriebslos.

Aegypten, schliesslich. Noch rund 350km Wegstrecke, hoffentlich schnell genug, und wir werden die Faehre erwischen, die uns heimlich ins fuenf Sterne Resort bringen soll. Am Busbahnhof jedoch, die aeusserst detaillierte Info: Bus 9 o' clock, broken. Next bus 3pm. Na wunderbar. Am Busbahnhof sind einige weitere, fuers erste gestrandete Reisende, manche warten schon seit Stunden. Der Deal mit dem kaputten Bus naemlich, ist nicht selten ein Geschaeft mit den an der Busstation lauernden Minibusfahrern. Diese naemlich bringen uns allzu gerne zu jedweder Destination, aber zum weitaus hoeheren Preis. Hoeherer Profit also wenn bus 9 o' clock broken. Und diesen Profit wiederrum teilt Minibusfahrer mit dem Ticketverkaeufer der ofiiziellen Busgesellschaft und alle sind happy. Rip the fucking tourist off heisst das Motto.

Stunden spaeter und 350 km weiter an der Faehre angelangt, ein aehnliches Schauspiel. Ferry today not working. Bad Weather, rough sea. Zum zweiten Mal gestrandet fuer diesen Tag. Es blieb nichts anderes uebrig als zurueckzufahren, wo wir herkamen. Nicht gerade bis zur Grenze, so doch in ein kleines Backpackingdorf mit guten Tauchspots. Klein war zwar mal vor 20 Jahren, auch hier hat der Tourismus im grossen Stil eingeschlagen, aber dennoch verbringen wir zwei schoene Tage, die Faehre naemlich fuhr noch immer nicht.

Verwoehnt von kurzen Reisewegen in Israel und Jordanien, scheuen wir uns ein wenig vor der langen Busfahrt, die die einzige Alternative zur Faehre darstellt, aber es rufen schliesslich fuenf Sterne. 14 Stunden im Nachtbus mit kaputter Sitzlehne, welch ein Komfort zuruecklehnen, doch gewesen waere ;) und wir sind in El Gouna, Ferienparadies fuer Menschen mit prallerem Geldbeutel als der unsre. Sheraton, Steigenberger und Co. geben sich hier die Klinke in die Haende. Unser Joker, Christa, meine Mutter verbringt gerade hier eine ruhige Woche und hat eingeladen zum Verweilen im geraeumigen Zimmer.
Mit unseren Rucksaecken bepackt, wandern wir also, in frueher Morgenstunde, es war 5 Uhr, an den etlichen Checkpoints und gelangweilten Wachposten vorbei und ernten verwirrte Blicke. Gewoehnlich tarnsportiert Urlauber_in Gepaeck hier nicht im Rucksack und geht noch viel weniger 6km von der Hauptstrasse zum Hotel.

Die Belohnung aber lohnte sich allemal. Ein heimlich bezogenes Zimmer im Steigenberger 5 Star Golf Resort, gleich an der eigenen kleinen Meerwasserlagune und heimlichem Zutritt zum Fruehstuecksbuffet. Und dieses Buffet, olala! Alleine alles nur zu bestaunen was es dort gibt, dauert eine viertel Stunde, welch Gaumenschmaus. So manchem cleveren Mitarbeiter blieb unsere Anwesenheit jedoch nicht unentdeckt, und so zogen wir nach einem doch fuer diese Reise recht ungewoehnlichen Tag, weiter Richtung Luxor, diesmal wieder mit einem halben Stern, inshallah.

Mittwoch, 17. März 2010

Jordanien

The Hashemite Kingdom of Jordan auf Englisch und so oder aenhlich auf arabisch: لإاث أشساثةهفث ،هخىليخة خب ـخقيشى heisst das Koenigreich Jordanien. Ein Land benannt nach dem Jordan Fluss, dessen heutige Gestalt ein Schatten von Fluss, vielmehr nur ein Rinnsaal ist. Jordanien liegt an Israel im Westen grenzend. Im Norden liegt Syrien, im Osten der Irak und Saudi Arabien. Entgegen in arabischen Laendern vorherrschenden Tendenzen hat Jordanien einen umfassenden Friedensvertrag mit Israel unterzeichnet und macht es ein wenig zum buddy of everyone.
Ein Grossteil, genau gesagt 80% des Landes, sind Wueste. In dieser wiederrum leben nur rund 5% der Bevoelkerung. Rund 6 Millionen Menschen bevoelkern Jordanien und machen es zu einem ausgesprochen freundlichen und warmherzigen Flecken Erde. Von Israel kommend sind Mareile und ich gleich zu Beginn in Amman, der Hauptstadt, gelandet. Amman wird selten von Reisenden gepriesen und gilt nicht gerade als die Perle des Orient. Als genau diese entpuppte es sich jedoch fuer mich, ist die Stadt naemlich kein Anzugspunkt fuer Tourist_innen und Touristenfaenger_innen. Einst, wie Rom, auf sieben Huegeln gebaut, sind es heute zwei oder drei mal soviele. Amman ist riesig und ueberall. Mehr als ein Drittel aller Jordanier_innen leben hier. Wenn der Ruf des Muezzin erklingt, schallt es von ueberall zugleich. Hunderte Moscheen tragen den Gesang, der von Huegel zu Huegel reflektiert wird. Das faszinierendste aber sind die Menschen, die uns so offen, und gastfreundlich entgegentraten.

Von Amman aus ging die Reise suedwaerts gen Wueste. Auf dem Weg dorthin liegt eines der neuen sieben Weltwunder, die Felsenstadt Petra. Vor tausenden von Jahren von den Nabataern erbaut, wurde diese enorme Stadt gaenzlich aus dem Fels heraus gehauen. Massive Gebaeude mit Saeulen, Fresken, Skulpturen sind mitten aus dem Berg gehauen und schmiegen sich an diesen an. Neben den Nabataern, haben auch Griechen und Roemer ihre Spuren dort hinterlassen und machen diese historische Stadt einmalig. Vor unserem Besuch noch war ich skeptisch, da Menschen von ueberall her kommen um Petra zu sehen und der Ort somit sehr touristisch ist. Einmal angekommen entschaedigt die Felsenstadt dafuer mehr als genug. Die Wadis, arabisch fuer Taeler, die sich durch die rosa farbenen Felsformationen ziehen, laden zum hiking und klettern ein.

Letzlich nach Petra die Wueste, Wadi Rum. Mit Zelt, Proviant und Schlafsack ausgeruestet wollten wir den Tori-Touren trotzen. Beinarbeit statt Allrad-Jeep und Fuehrung war unser Motto. Letztlich gelandet sind wir noch vor Betreten der eigentlichen Wueste bei einem Bedouien und seiner Familie. Ganz so gastfreundlich war dieser leider nicht und liess sich fuer sein Teilen seines exklusiven Zeltdomizils reichlich entlohnen. Nichtstdestotrotz haben wir den Jeep Touren widerstanden und erkundeten zu dritt (mit neuer Reisebekanntschaft) die Wunder von Wadi Rum. Eine Wueste aus riesigen Felsbergen, hunderte von Metern hoch und ebenso tiefen Taelern und Schluchten. Jede Stunde wechselt die Farbe des Gesteins, je nach Stand der Sonne. Gen Mittag wird diese so erbarmungslos heiss, dass wir stundenlang im Schatten Rast machten bevor das Wandern weitergehen konnte. Grund genug Bekannschaften zu machen, waehrend dieser obligatorischen Rast. Am ersten Wuestentag stoppten wir an einem entlegenen Bedouinenzelt und siehe da, der Bewohner ist ein Norweger, der einen Monat dort verweilt und fuer die Bedouinen Familie Kamelhueter spielt. Spannend solche Momente. Besonders schoen, die Wueste blueht. Abertausende kleiner Blumen, die jeden Tag ihre Koepfe ein wenig hoeher recken. Vor zwei Wochen hatte es das erste mal seit zwei Jahren geregnet, Glueck fuer uns. Bilder gibts als Nachlieferung leider erst in ein paar Tagen, Inshallah!

Mittwoch, 10. März 2010

Nachtgefluester









Von Zur Hadasa bei Tamar und ihrer Familie ging die Reise weiter in die Golanhoehen, eine gruene, fruchtbare und gebirgige Gegend nordoestlich des Sees Genezareth. Die Golanhoehen sind nachdem Israel sie von Syrien im Krieg nahm, der Grund fuer anhaltende Funkstille zwischen den beiden Staaten. Ueberbleibsel jenes Krieges sind Minenfelder, die noch nicht geraeumt sind, zumindest aber gekennzeichnet. Die Golanhoehen sind mit ihrer wunderschoenen Natur ein idealer Ort zum wandern. Ein wenig schwierig zu erreichen, ist das Haupttransportmittel trampen. Viele Menschen stehen an den Strassen und meist dauert es nur ein paar Minuten bis ein Auto haelt. Fuer zwei tage sind Mareile und ich in einem der vielen Nationalparks umhergestreunt, stets begleitet vom Geraeusch explodierender Bomben und Artilleriefeuer. Die Golanhoehen bestehen neben all jenen Nationalparks und ein paar kleinerern Doerfern und Staedten, zu einem grossen Teil aus Militaerkasernen und sogenannten Fire Zones. Spielplaetze also fuer Bang Boom Bang und viel Drohgebaerden. Waehrend wir also durch idyllische Flusstaeler mit atemberaubenden Felsschluchten und Wasser-Pools kletterten, war neben Vogelgezwitscher auch immer War-fm zu hoeren. Aus einer der Fire Zones machte es stets Bumm und Knall.
In der ersten Nacht auf dem Campingplatz des Nationalparks bin ich aufgewacht, geweckt von Laerm, der Feuerwerk nicht unaehnlich war. Erst noch schlaftrunken und der Ansicht halb im Traum verblieben zu sein, brauchte ich ein paar Sekunden, um in der Realitaet anzukommen. Mit zunehmender Neugierde lugte ich aus dem Zelt auf der Suche nach dem Ursprung der Geraeusche. In kaum 300m Entfernung, auf der Hauptstrasse standen, wild blinkend und pipsend wie Muellfahrzeuge, die rueckwaerts fahren, ein Panzer gereiht an den anderen. Ich konnte meinen Augen kaum trauen. Massive Kolosse aus Stahl, mit monstroesem Kanonenrohr. Aus dem Gebuesch neben dem Campingplatz stiegen immer wieder Leuchtraketen auf. Aus der Ferne war das Geraeusch von Bombenexplosionen zu hoeren.
Seit Tagen von Medien und Nachrichten abgschirmt, fragte ich mich sogleich, ob der Konflikt zwischen Israel und Syrien wohl wieder akut geworden ist und versank irgendwann wieder in unruhigem Schlaf zwischen Droehnen und Donnern.
Welch ein komisches Land! Geruestet bis an die Zaehne, jederzeit bereit fuer den Konflikt.
In Israel besteht allgemeine Wehrpflicht. 3 Jahre fuer Maenner, 2 fuer Frauen. Ein jedeR also geht im Laufe des Lebens zur Armee, es ist quasi ein Teil der Sozialisation. Na den Masseltof!
Mittlerweile sind wir Amman, Jordanien. Im anderen Mittleren Osten angelangt, aus hebraeisch wurde arabisch, aus Shalom Salaam Alayqum. Zu Amman un Jordanien mehr in ein paar Tagen.

Samstag, 6. März 2010

Milch und Fleisch








Nach den vielleicht etwas zu düster geratenen Schilderungen von Jerusalem (am Abend des Schreibens waren in der Unterkunft wilde Diskussionen über die Situation in Palästina), nun etwas über das was ich bisher vom Leben in Israel erfahren konnte. Drei Tage haben Mareile und ich bei Tamar, ihrem Mann Danielle und deren Sohn Tuvia gewohnt. Die drei wohnen in Zur Hadasa, einer hübschen Kleinstadt hinter der Green Zone. Diese wurde 1967 von der UN gezogen und als Trennlinie zwischen Israel und Palästina gezogen. Seither hat Israel die Grenzziehung immer wieder zu eigenen Gunsten verschoben. Zur Hadasa ist über einige Hügel gestreckt, die mit Büschen und Bäumen überzogen sind. Gerade ist alles grün, da es in den letzten Wochen außergewöhnlich viel geregnet hat. Die meisten Häuser sind sehr neu und aus hellem Sandstein gebaut, alles in allem eine recht wohlhabende Gegend. Bäume säumen die Straßen, bunte Pflastersteine bieten Fußgänger_innen viel Raum. Es gibt Bänke, manchmal öffentliche Trinkwasserstellen und sogar öffentliche Fitnessgeräte, die am Rand vom gehsteig positioniert sind.
Tamars Mann Danielle ist orthodoxer Jude, seit die beiden verheiratet sind, ist auch Tamar religiöser geworden. Wer sehr gläubig ist, lebt nach mehr oder weniger streng eingehaltenen orthodoxen Regeln. Dazu gehört etwa der Shabbat, der wöchentliche Feiertag, mit dem christlichen Sonntag vergleichbar. Wer ihn streng auslegt, darf an diesem Tag keinerlei Arbeit verrichten. Dazu gehört etwa kochen und Hausarbeit, aber auch etwa das Betätigen eines Lichtschalters. Elektrische Geräte dürfen für die Dauer des Shabbats, von Sonnenuntergang am Freitag bis Sonnenuntergang samstags nicht betätigt werden. Kein Autofahren, kein Handy oder Radio. Stattdessen trifft man sich mit Freunden und Verwandten, um den Tag gemeinsam zu zelebrieren.
Ein weiteres markantes Merkmal orthodoxer Lebensweise ist koscheres Essen. In der Thora steht geschrieben: Du sollst das Zieglein nicht in seiner Mutter Milch kochen. Daraus resultiert für die koschere Küche die strikte Trennung von Milch- und Fleischprodukten. Diese dürfen nicht zugleich konsumiert werden. Nach dem Verzehr von Fleisch darf 5 Stunden keine Milch konsumiert werden, andersherum sind es 2 Stunden. Doch auch Töpfe, Pfannen und Besteck sind in doppelter Ausführung nötig, um Milch und Fleisch nicht zu vermischen. Für Mareile und mich war das Nutzen der koscheren Küche der beiden daher eine echte Herausforderung. Während Tamar, Danielle und Toviak zu Freunden nach Jerusalem fuhren, um den Shabbat zu feiern, hatten wir den Tag über ihr ganzes süßes Haus zur Verfügung und somit auch die Verantwortung für das richtige Nutzen ihrer Küche. Mehrfach mussten wir überlegen, woher jener Kochlöffel oder Teller nun kam. Fleisch- oder Milchgeschirrschublade? In jedem Fall eine spannende Angelegenheit, die ein wenig Achtung erfordert.
Morgen früh geht es in Israels Norden, in die Golanhöhen. Diese sind ein Gebiet, dass Israel von Syrien während des Sechs-Tage-Krieges besetzt hat und seitdem israelisches Staatsgebiet. Seit dem Krieg gibt es keine diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern, die Grenzen sind geschlossen und die UN hat eine Sicherheitszone zwischen den beiden Ländern eingerichtet, die niemand ohne weiteres passieren darf. In den Golanhöhen werden wir ein wenig hiking machen, bevor es nach Palästina in die Westbank (Westjordanland) geht. Bis dahin Shalom.

Mittwoch, 3. März 2010

Israel









Bild 2: Tel Aviv, Bild 4: Blick über die Dächer von Jerusalems Altstadt, Bild 5: Christlicher Kitsch, Bild 7: Am Horizont ist die trennende Mauer zwischen Israel und dem palestinischen Westjordanland zu erkennen

Im Gegensatz zu den ost- und südafrikanischen Ländern über die viele Menschen in Europa weniger konkrete Sachen wissen, ist Israel kein so vermeintlich unbeschriebenes Blatt. In den Medien stets präsent ist der schwelende Nahostkonflikt. Bilder von Selbstmordattentaten, Raketenbeschuss oder Massaker von der israelischen Armee verübt prägen die Schlagzeilen.
Doch wissen die KonsumentInnen dieser Nachrichten dadurch wirklich mehr? Etwa über die Ursprünge des Konfliktes? Oder wer eigentlich wen bedroht? ich selbst weiß, so merke ich jeden Tag vermehrt erschreckend wenig über jene Zusammenhänge. Ebenso spannend ist die Gründungsgeschichte Israels, welche zugleich von großer Bedeutung für den Konflikt ist. Ich werde in den nächsten Blogeinträgen versuchen ein Bild zu vermitteln aus Sicht von Israelis und vorallem von PalestinenserInnen.
Begonnen hat unsere, Mareiles und meine Reise, in Tel-Aviv. Jener Stadt in der die Botschaften von vielen Staaten sind, da Jerusalem nicht als israelische Hauptstadt von diesen anerkannt wird. Tel-Aviv ist eine moderne, westlich geprägte und kosmopolitisch auftretende Metropole. Das Stadtbild ist dominiert von mächtigen Hochhäusern und dem Zurschaustellen von Konsumkultur. Direkt am Mittelmeer gelegen haben viele Straßenzüge zugleich ein sehr mediterranes Flair.
Nach eineinhalb Tagen schon lockte es uns hinaus aus Tel-Aviv, allmählich fort vom sehr bekannt anmutenden westlichen Lebensstil.
Zweite Etappe ist seither Jerusalem. Eigentlich müsste ich mich wohl nun in Ergüssen über die Stadt in Ekstase schreiben. Zu viel Geschichte steckt in dieser Stadt, doch ich werde mich wohl eher an neueren Geschehnissen orientieren, statt an jenen aus längst vergangenen Tagen. Jerusalem, auf Hebräisch Yerushalayim, ist im alten Stadtkern gefüllt mit Touristen und Pilgernden aus aller Welt (davin etwa 30% Deutsche). Es gibt christliche, muslimische und jüdische Souvenirs zum Kaufen. Garantiert echte Holzsplitter vom garantiert echten Kreuz Jesu... Weihwasser, nachts leuchtende Kreuze und Marien Statuen und so allerlei anderen Plunder. Zwei, drei Gassen entfernt von den Shoppinggassen der Altstadt wird es leerer und meist ruhiger. StraßenhändlerInnen bieten Obst und Gemüse feil, Kinder spielen Fußball in den schmalen steinernen Gassen und Straßenküchen verkaufen so manche Leckerei. In der Altstadt gibt es vier recht verschiedene Viertel, mit noch viel verschiedenerer Bevölkerung. Ein muslimisches, jüdisches, christliches und armenisches Viertel bilden den Kern. Über allem thront der Felsendom, heiligste muslimische Pilgerstätte nach Mekka. Ebenjener Ort war einst der Platz, an dem der erste und zweite jüdische Tempel stand, jedoch beide Male zerstört wurde. Diese hunderte Jahre zurückliegende Ereignisse sind noch heute von Bedeutung für den Konflikt. Radikale orthodoxe Juden fordern die Zerstörung des muslimischen Felsendoms, um an seinem Ort den dritten jüdischen Tempel zu bauen. Bewacht ist der ganze Komplex, zu dem auch die jüdische Klagemauer gehört von schwer bewaffneten SoldatInnen. Doch auch überall sonst in Jerusalem und Tel-Aviv ist eine ausgesprochen hohe Dichte an militärischer Präsenz. SoldatInnen mit Maschinengewehr am Schnellimbiss, Taschenkontrollen und Metalldetektoren an Bus- und Zugbahnhöfen, Einkaufszentren oder sonstwie irgendwie mehr oder minder prekären Orten. In Jerusalems Altstadt gibt es Souvenir T-Shirts von der israelischen Armee. Ein T-Shirt zeigt einen Kampfjet und die Aufschrift: America don't worry, Israel stand behind you. Andere tragen schlicht den Audfdruck: Israelian Army, welche sich selbst als die wohl moralischste Armee der Erde anpreist. Das dieses Eigenlob mehr als bloß stinkt, werde ich in kommenden Blogeinträgen spezifizieren.
In den Straßen Jerusalems sind vielerlei Sprachen zuhause. Je nach Ort wird Arabisch oder Hebräisch gesprochen, oft gibt es Geschäfte mit russischen Schriftzügen und alle Verkehrs- und Straßenschilder sind zusätzlich auf Englisch verfasst, wofür ich recht dankbar bin.
Heute haben Mareile und ich Tamar getroffen eine israelische Freundin von Mareile. Bei ihr und ihrer Familie werden wir die nächsten Tage verbringen und ich werde dort sicherlich einige meiner vielen im Kopf umherschwirrenden Fragen klären können, über das Judentum, Israel oder vieleicht auch ein wenig über den Krieg zwischen Palästina und Israel.