Mittwoch, 25. März 2009

Globalisierung und andere Kuriositaeten

Gassen in Lamu

Anne und ich in Mombasa

Morgenspaziergang dreier Frauen in Burka, die hier Buibui, Spinne, heisst


Waehrend ich schon ein wenig ueber Nairobi und damit meine Zeit in Kenya geschrieben habe, moechte ich diesmal ueber den Rest der Reise erzaehlen. In Mombasa habe ich Dennis, Kaja und ihre Schwester Anne getroffen und durchlebte fuer knapp 10 Tage ein wundervolle Koeln-Ostafrikanische Mischung. Mombasa, Kenyas zweitgroesste Stadt ist zu rund 95% muslimisch. An jeder Ecke stehen Moscheen, die Menschen haben einen arabischen Touch, das Essen ist indisch beeinflusst und die Globalisierung ist seit rund 400 Jahren im Gange. Da naemlich wurde die Stadt zum ersten Mal erobert, vom heutigen Armenhaus Europas, Portugal. Die Portugiesen brachten fleissig Porzellan mit und bauten eine huebsche Festung, Fort Jesus, ins Zentrum von Mombasa. Die fruehe Kolonie jedoch hielt sich nur fuer rund 100 Jahre, bis die Sultane von Oman in Dhows, kleinen Einmastseglern mit den Monsunwinden den Ozean hinunterschipperten. Sie besetzen die Stadt und siedelten sich in grosser Zahl an der ostafrikanischen Kueste an. Nach und nach vermischten sich die verschiedenen Bevoelkerungen und die Kultur der Swahili entstand. Swahili die Menschen von der Kueste, zugleich Geburtstaette des Kiswahili der lingua franca Kenyas und Tanzanias. Die restliche Geschichte ist bekannt. Englische Kolonialzeit, Unabhaengigkeit, heute. Und genau dort heute steht nun eine eindrucksvolle Stadt, voll mit Geschichte und vielen mal mehr mal weniger wunderbaren Zeugnissen einer vergangenen Zeit. Nach ein paar Tagen fuhren wir gemeinsam nach Lamu, einer kleinen Insel nahe der somalischen Grenze, im Bus bewacht von zwei schlaefrigen Soldaten, dessen einer Gewehrlauf gruendlich mit Kaugummi versiegelt war. Lamu ist der wohl eindrucksvollste Ort der Swahili Kultur und versetzte uns in ein charmantes Mittelalter zurueck mit seinen kleinen Gassen, vielen Dhows und rund 3000 Eseln.
Zurueck in Mombasa staunten wir nicht schlecht als in einem Club dann Modern Talking lief, Kulturexport vom feinsten. Ein letzter kleiner Schnipsel, Malindi. Hafenstadt und Urlaubsparadies fuer Bella Italia. Pizzeria und Gellateria. Appartemiento zu vermieten und Cappuccino frappe. Wie also gruessten uns Weisse die kenyanischen Kinder? Ciao! Genau...

Samstag, 14. März 2009

Geschichten aus Nairobi

Foto: Blick auf Nairobi vom Kenyatta Conference Center, dem Wahrzeichen der Stadt

Nairobi, von vielen Einwohnern auch liebevoll 'Nairobbery' genannt ist die Metropole Ostafrikas. Eine gigantische Mega-City mit unezaehligen Skylinern, vibrierender Kultur, Vielfalt und Gewalt. Extremer Reichtum und extreme Armut wohnen Tuer an Tuer. So krass wie hier gibt es kein Wohlstandsgefaelle in einer anderen Stadt.

Erst vor rund 100 Jahren aus dem Sumpf gestampft hat sich die Stadt in rasantem Tempo entwickelt und umgibt mich mit dem Gefuehl zurueck in Europa zu sein. Die Menschen sind busy und schnellen Schrittes unterwegs, der Verkehr schlaengelt sich durch die engen Strassen, staendig nah am totalen Kollaps. Staus koennen Stunden dauern. Dafuer haben viele der Matatu-Minibusse eingebaute Flachbildfernseher. Nairobi ist Schmelzpunkt aus Alt und Neu.
An meinem zweiten Tag habe ich unfreiwillig Einblick erhalten ins aktuelle Geschehen der Stadt. Unterwegs in einem der Matatus auf dem Rueckweg ins Stadtzentrum, stockte der Verkehr wie so oft. Durch die Fenster sah ich hunderte schwerbewaffnete Polizisten am Rande eines Rugbyfeldes. Demonstranten kamen alsbald ins Sichtfeld. Augenblicklich flogen Steine. Nicht jedoch auf die Polizisten, sondern auf den Verkehr, die Autos und somit uns. Unser Matatu wurden von einigen Steinen getroffen und hatte sicher so manche Beule mehr danach. Zu unserem Glueck waren wir aus dem Kessel so schnell wieder raus, wie wir hineingeraten waren, der Verkehr floss weiter. Ein eskalierendes Rugby-Spiel? Was war los? Die anderen Passagiere gucken verdutzt. Am naechsten Morgen in der Zeitung dann die Antwort:
Wie in so vielen grossen Staedten spielt auch hier Gewalt eine grosse Rolle. Die 'Mungiki-Sekte', eine Mafia-aehnliche Organisation etwa erpresst Schutzgelder und steht fuer organisiertes Verbrechen. Offensichtlich ueberfordert von der Situation hat die Polizei in den letzten Monaten rund 500 Menschen erschossen. Bei Verdacht bestehender Zugehoerigkeit zu 'Mungiki' haben Polizisten ihre Opfer auf der Flucht erschossen oder gar ganz gezielt hingerichtet.
Vor sechs Tagen nun, drei Tage bevor ich nach Nairobi kam, wurden zwei kenyanische Menschenrechtler, die aktiv gegen die Polizei mobil machten, auf offener Strasse erschossen, waehrend sie im Stau standen. Wer dahinter steckt laesst sich mutmassen. Deren Tod loeste augenblicklich massive Studentenproteste aus. Die Polizei jedoch goss Oel ins Feuer, als sie waehrend der Demos einen Studenten erschoss. Seitdem herrscht in Teilen der Stadt Chaos. Steine fliegen, Geschaefte werden gepluendert, Passanten verpruegelt. Nairobi macht seinem Namen wieder alle Ehre.
Mittlerweile habe ich die Mega-City verlassen und bin nun an der wunderschoenen Kueste in Mombasa und geniesse schoene Urlaubstage mit Dennis, seiner Freundin und deren Schwester, die fuer zwei Wochen aus Deutschland hierher gekommen sind. Ein interessantes Plakat in der arabischen Altstadt habe ich auch schon gesehen: ''Stand up Muslim Army! Defend Gaza!'' Die Welt bleibt spannend so scheint es.

Dienstag, 10. März 2009

Kontinent meistbietend zu verkaufen

Trifft die Weltwirtschaftskrise eigentlich auch Afrika?
Dazu werde ich heute nichts selber schreiben und stattdessen einen Artikel der 'taz' online stellen, der das bestaetigt, was ich in Tanzania mitbekomme von alldem:

Tröstende Worte hatte IWF-Chef Dominic Strauss-Kahn für die Finanzminister und Funktionsträger aus Afrika in der tansanischen Hafenstadt nicht übrig: "Auch wenn es gedauert hat, bis die Krise Afrika erreicht hat: Sie kommt, und ihre Folgen werden schwer sein." Strauss-Kahn sprach seine Warnung auf dem Gipfeltreffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) aus, der am Dienstag in Daressalam begann. "Afrikas Aufschwung wird enden, Millionen werden erneut verarmen", sagte der IWF-Chef. Schon die bislang befürchtete Halbierung des afrikanischen Wirtschaftswachstums auf 3 Prozent sei kaum zu halten, so Strauss-Kahn.

Vor allem Afrikas reichere Nationen spüren die Krise schon seit Monaten. Händeringend suchen Regierungen nach neuen Einnahmequellen - und haben eine der letzten begehrten Ressourcen entdeckt, die ihnen noch zum Verkauf bleibt: Land. Weil Erz- und Ölpreise gesunken sind, Investoren und Touristen ausbleiben und afrikanische Auswanderer immer weniger Geld aus dem Ausland nach Hause überweisen können, klingen die Angebote vor allem aus Asien und Arabien immer attraktiver. Schon in wenigen Wochen wird der saudische Konzern Hadco auf seinen Feldern im Sudan die erste Ernte einfahren. Gemüse, Weizen und Viehfutter von 10.000 Hektar Land sollen helfen, den seit Jahren steigenden Bedarf an Lebensmitteln in Saudi-Arabien zu decken. Für das Land an den fruchtbaren Bänken des Nils hat Hadco unbestätigten Informationen zufolge 95 Millionen US-Dollar Pacht an die Regierung in Khartum gezahlt - und mehr Geld soll folgen. Sudans Regierung hat den Golfstaaten angeblich bereits 900.000 Hektar bestes Farmland zugesagt, für 99 Jahre Pacht. Offiziell will das in Khartum freilich niemand bestätigen. Denn der Verkauf von Ackerland an ausländische Investoren ist bei den Bürgern, fast überall in Afrika überwiegend Kleinbauern, nicht sonderlich beliebt. Am höchsten hinaus will der koreanische Mischkonzern Daewoo, der auf Madagaskar Futtermais und Ölpalmen anbauen will. 1,3 Millionen Hektar hat die Regierung des bettelarmen Inselstaats dafür bereitgestellt. In Kenias Tana-Flussdelta sollen 40.000 Hektar Land an den Golfstaat Katar verpachtet werden - zum Anbau von Früchten und Gemüse. Ein Viertel Ersparnis gegenüber dem Weltmarktpreis erwarten die Regierungen, die mit den Verpachtungen praktisch ihr Hoheitsgebiet erweitern. Von "Neokolonialismus" sprechen denn auch Kritiker wie der britische Umweltschützer George Monbiot. "Früher haben die reichen Nationen Kanonenschiffe und Glasperlen eingesetzt, heute sind es Anwälte und Scheckbücher", so Monbiot. "Der Westen will sich mit aller Kraft vor der drohenden Nahrungsmittelkrise retten, auch wenn das heißt, das Menschen anderswo verhungern werden."

Doch diese Kritik teilen nicht alle. Der Nahrungsmittelexperte des UN-Umweltprogramms, Christian Nellemann, betont, es führe kein Weg daran vorbei, die vorhandenen Ackerflächen besser zu bewirtschaften. "Wir müssen auch verhindern, dass mehr als die Hälfte aller geernteten Güter bei Transport und Lagerung verloren gehen", so Nellemann. "Aber wir müssen auch die Ernteerträge erhöhen, wenn wir angesichts des Bevölkerungswachstums die drohende Hungerkrise aufhalten wollen."

Mary Fosi, Staatssekretärin in Kameruns Umweltministerium, bettelt förmlich um Investoren: "Hauptsache, jemand entwickelt unsere Landwirtschaft." Natürlich wäre es schöner, wenn Kamerun Unterstützung beim Aufbau seiner eigenen Landwirtschaft bekäme, sagt Fosi. "Aber wir können es uns eben nicht aussuchen."

Sonntag, 1. März 2009

Vodacom - Pamoja Daima

Foto: Die Jungs des BHH mit selbsthergestell-
ten Lehm Handys.

Vodacom - Pamoja Daima. So der Werbeslogan einer der drei grossen Mobilfunkkonzerne Tansanias. Das Handy ist angekommen. Ein jeder der es sich irgendwie leisten kann telefoniert simst oder protzt mit polyphonem Sound. Handys als Stellungssymbol und als Kommunikationsmittel, ein Bombengeschaeft fuer die Konzerne. Zwischen diesen herrscht ein harter Wettkampf um die Aufteilung des Marktes, der im alltaeglichen Stadtbild wunderbar zu beobachten ist. Reklametafeln, umherfahrende Autos mit monstroesen Lautsprechern aufs Dach montiert, die Botschaft des noch besseren und billigeren Empfanges in jeden Winkel tragend. Besonderes Schmankerl ist das Anstreichen von Hausfassaden oder auch Daechern. Tigo laesst Haeuser in tiefem Blau erstrahlen, Vodacom fokussiert sich auf die Daecher und Zain liebt knalliges Pink. Manches Haus tanzt gar auf jeder Hochzeit und jede Wand preist in einer anderen Farbe. Manche Staedte sehen mittlerweile unfreiwillig aeusserst komisch aus. So war eine Grenzstadt in Uganda zu Kenya gaenzlich im Zain Pink angestrichen. Jedes Haus, jedes Tor, alles pink. Ergaenzend gab es Uniformpflicht fuer die unzaehligen Fahrradtaxis. Eine Weste mit Zain Logo in pinker Farbe, herrlich.
Auch interessant ist der Anblick der in den Staedten gestrandeten Massai. Traditionell gekleidet in gesteppte rot-lila Decken, ueberdimensioniertem Ohrloch und Langmesser sowie einer Art Keule, jedoch ein Handy in der Hand und froehlich am plaudern.
Die Kommunikationsrevolution ist laengst in Afrika angekommen. Tradition und Moderne verschmelzen allmaehlich, ein Kontinent im Wandel.

Mitumba, skurriler Second Hand aus dem Westen

Saba Saba das ist das allsonntaegliche Geschehen auf dem riesigen Kleidungsmarkt in Mwanza sowie vielen anderen Staedten und Doerfern. Gehandelt wird Mitumba, Second Hand Kleidung aus Europa, Australien oder Amerika. Was bei uns im Rot-Kreuz Kontainer endet, beginnt hier nochmal von vorne. Das Prinzip funktioniert gut, die meisten Menschen greifen neben dem traditionellen Kanga auf die Mitumba Kleidung zurueck.
Wie so oft allerdings haben unsere vermeintlichen Wohltaten fuer die Armenhaeuser dieser Welt auch erhebliche Schattenseiten. Ist der Transport von unzaehligen Kontainern mit Kleidung ein lukratives Geschaeft fuer europaeische Logistikunternehmen, so kann davon hier kaum die Rede sein. Einst hatte Tansania eine gut funktionierende Textilindustrie, in jenen Zeiten vor der Kleider-Mildtaetigkeit. Heute liegt diese in den meisten Teilen des Landes Brach, der Grund dafuer ist Konkurrenzunfaehigkeit. Die zum Spottpreis hierhergeschleuderte Ware, kann nicht einmal trotz sehr geringer hiesiger Loehne unterboten werden. Das Resultat ist geringe Nachfrage, der Kunde kauft billig.
Ganz schwarz malen wiederrum moechte ich nun nicht, viele Menschen tragen qualitativ gute Kleidung fuer geringes Geld und der Handel mit Mitumba verschafft vielen kleinen Haendlern Arbeit und somit Einkommen. Ein zweischneidiges Schwert soweit.
Zweifelsohne das Beste jedoch an Mitumba ist hier nur fuer unsereins, kommend aus dem Westen ersichtlich. Die komischten T-Shirt Aufschriften, von Abitur 2003, dem SV Hintertupfingen Fussballtrikot oder auch Pokemon schnapp sie dir alle!
Meine beiden Highlights waren ein T-Shirt mit der Aufschrift 'Mir stinken die Linken'... woher kommt sowas bloss? sowie diese Woche eine Frau in der Stadt im schicken Dress, dazu ein Shirt von 'Die Sendung mit der Maus'... Der Kleiderkontainer laesst gruessen.