Montag, 13. Juli 2009

Unterwegs auf deutschen Hinterlassenschaften

Neben den vielen Negativ-Aspekten hat die kurze Zeit kolonialer Besatzung Tansanias durch die Deutschen bis heute auch ein paar gute Dinge hinterlassen. Die beiden Bedeutendsten haben meine Reise fuer rund eine Woche gestaltet. Von Dar es Salaam stieg ich mit Sahand und Paula auf die Central Line Zuglinie, einstmal bekannt unter dem Namen "Deutsch-Ostafrikanische Mittellandbahn", hin nach Kigoma. Fertiggestellt anno 1914 auf einer Strecke von 1400km, zieht sich die Linie vorbei an kurios anmutenden Bahnhoefen, durch staubtrockene Savannen sowie durch viele Doerfchen und Staedte. Ueber zwei Tage ratterten wir also in den altersschwachen Waggons mit gemaechlichen 40km/h durch die Landschaft, plauderten mit Soldaten und Reisenden aus ganz Ostafrika, unter anderem aus dem Kongo und Burundi. Immer wieder stoppte der Zug fuer afrikanische fuenf Minuten, was den Fahrgaesten Gelegenheit gibt, Handel zu treiben. Und dieser blueht bunt, stellt der Zug fuer etliche Doerfer den eigentlichen Marktplatz und Absatzmarkt dar. So wechslen Eimer voller Honig, Saecke mit Reis und Bohnen, Zuckerrohrstangen, geflochtene Koerbe oder gleich ein ganze Wohnzimmergarnitur den Besitzer. Unsere Mitreisenden aus dem krisengeplagten Kongo deckten sich mit allem erdenklichen Gut ein, ein kleiner Fingerzeig nur auf die Situation ueber der Grenze.
40 Fahrstunden weiter und einen Rucksack weniger im Besitz erreichten Sahand und ich Kigoma. Paula, der ihr Rucksack aus dem Abteil vom Dach des fahrenden Zuges aus gestohlen wurde, stieg in Tabora aus und schlug den Rueckweg nach Mwanza ein.
Kigoma behergte uns von dort an fuer ein paar Tage, in welchen wir auf unsere Weiterfahrt mit dem naechsten Relikt warteten. Dieses ist ein Schiff deutscher Bauart aus dem Jahre 1915, in Deutschland konstruiert, gebaut und in Teile zerlegt, verschifft und per jenem Zug nach Kigoma gebracht. Dort wurde es auf dem Tanganyikasee zu Wasser gelassen, getauft auf den Namen “ Graf von Goetzen”. Als Handelsschiff mit den Anrainerstaaten gedacht, wurde es aufgrund des Weltkrieges schnell zum Kriegsschiff umfunktioniert und schon bald von den Belgiern versenkt. Dazu muss gesagt werden, dass der Tanganyikasee mit 1400m Tiefe der zweittiefste See der Erde ist und die gute “Graf von Goetzen” nun auf dessen Grund lag. Nach dem Abzug der Deutschen wurde sie geborgen, sank jedoch vor Ankunft im sicheren Hafen noch einmal. Nach zweiter Bergung und leichten Reparaturen dient das Schiff, umgetauft auf M.V. Liemba, seitdem dem Personen- und Frachtverkehr auf dem Tanganyikasee und verbindet Tansania mit dem Kongo, Burundi und Zambia.
Zwanzig Zwischenstopps ueber zwei Tage, in denen kleine Boote, teils motorisiert, teils von Paddeln vorangebracht, an das Schiff andocken, dauert die Fahrt. Fuer diese Boote dient die Liemba, wie schon zuvor der Zug, als Marktplatz zum Warentausch und zugleich als Versorger mit Industrie- und Luxusguetern. Bei jedem Stopp stiegen Menschen ein und aus, alles ueber die kleinen Boote laufend. Im uebrigen mit an Bord waren 10 Soldaten alle mit Kalaschnikov bewaffnet. Der Steuermann verriet mir, dass ein Schwesterschiff der Liemba vor drei Jahren von kongolesischen Soldaten auf Schnellbooten attakiert wurde. Unter deren Beschuss geraten suchte das Schiff sein Glueck in der Flucht und konnte die marodierenden Soldaten mit Glueck abhaengen. Unsere Fahrt war zum Glueck wesentlich ruhiger und entspannt und so bin ich nun in Zambia angekommen. Zu diesem fuer mich neuen Land, schreibe ich dann naechstes Mal.

1 Kommentar:

  1. rein geographisch liegt jetzt nur noch zimbabwe zwischen uns ;-)ich wünsch dir noch ganz viel spaß und bin schon sehr auf deine bilder gespannt!!
    ich bin mir sicher, du wirst einen afrikanischen kulturschock erleben wenn du in südafrika ankommst. wenn ich deine zeilen lese kommt es mir so vor als würde ich in einem anderen afrika leben. bis bald!

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